2. März 2016

Erset­zendes Scannen – ab in die Ablage P

Das Finanzamt billigt elek­tro­ni­sches Archi­vieren. Unter­nehmer können Doku­mente scannen und das Original entsorgen – wenn sie die Vorgaben des Fiskus beachten.

Text: Eva-Maria

euthingerFür Jens Ristedt gehören elek­tro­ni­sche Rech­nungen zum Tages­ge­schäft. „Wir erhalten viele Rech­nungen per Mail, die wir separat spei­chern und archi­vieren.“ Zu kämpfen hat der Inhaber der Ristedt City Mode­haus GmbH in Bremen vor allem damit, dass Dateien an die zentrale Mail­adresse gehen: „Das erschwert die Weiter­ver­ar­bei­tung, weil wir intern erst den rich­tigen Adres­saten ermit­teln müssen“, klagt Ristedt – diese Suche nimmt bei dem Einzel­händler oft viel Zeit in Anspruch. Aber grund­sätz­lich ist der Umgang mit digi­talen Doku­menten einfach und einge­spielt.

Unter­lagen einscannen

Einge­spielt ist auch der Umgang mit Rech­nungen, die auf Papier ankommen – nur ist es hier nicht ganz so einfach. Die Schreiben werden in der Buch­hal­tung bear­beitet und anschlie­ßend abge­legt, wie es seit jeher Usus ist, sagt Ristedt: „Wir archi­vieren klas­sisch in Ordnern.“ Mittel­fristig aber will er beginnen, Papier­be­lege zu scannen und den Prozess sauber zu doku­men­tieren. Dadurch könnte er errei­chen, dass nicht nur die Ange­stellten und der Steuer­berater mit digi­talen Doku­menten arbeiten, sondern dass zudem statt der aufwen­digen Lage­rung von Akten die Entsor­gung der Origi­nale in der Ablage P möglich ist – in diesem Fall einem Akten­ver­nichter.

Eröffnet hat sich diese Perspek­tive, seit die Finanz­be­hörden das erset­zende Scannen akzep­tieren. Es besteht aus zwei Säulen: Beim Scannen eines Doku­ments muss exakt sowie lückenlos nach­weisbar einem genau vorge­ge­benen Prozess gefolgt werden. Und dann ist die digi­ta­li­sierte Version nicht verän­derbar und jeder­zeit abrufbar in einem revi­si­ons­si­cheren Archiv aufzu­be­wahren – die Funk­tionen bieten bereits heute Programme wie DATEV DMS classic pro oder DATEV Unter­nehmen online. „Das Finanzamt will jeden Schritt am Doku­ment nach­voll­ziehen können“, warnt Chris­tian Michel, Experte beim Deut­schen Steu­er­be­ra­ter­ver­band in Berlin, jeden Unter­nehmer vor einem leicht­fer­tigen Umgang mit dem Verfahren. Nur so sei sicher­zu­stellen, dass nichts mani­pu­liert wurde. „Andern­falls dürfen Papier­do­ku­mente nicht vernichtet werden“, betont Michel.

Vorgehen doku­men­tieren

Wer das erset­zende Scannen nutzen will, sollte also mit dem Steuer­berater ein wasser­dichtes Verfahren entwi­ckeln und jedes Detail klären. Bundes­steu­er­be­ra­ter­kammer und Deut­scher Steu­er­be­ra­ter­ver­band haben eine Muster-Verfah­rens­do­ku­men­ta­tion erar­beitet. Auf 19 Seiten werden mögliche Schritte beschrieben, von der Beleg­ver­ar­bei­tung im Post­ein­gang über die Prüfung und Digi­ta­li­sie­rung bis zur Archi­vie­rung. Das Muster verdeut­licht, was der Firmen­chef beim rechts­si­cheren erset­zenden Scannen alles berück­sich­tigen muss.

Grund­sätz­lich dürfen Unter­nehmer fast alle buchungs­re­le­vanten Belege elek­tro­nisch einlesen und danach vernichten, falls das gesamte Scan­ver­fahren detail­liert doku­men­tiert wird. Gescannte Doku­mente dürfen nicht mehr verän­dert werden und der Origi­nal­zu­stand muss zwei­fels­frei belegbar sein. „Der Unter­nehmer ist daher zunächst verpflichtet, eine entspre­chende Orga­ni­sa­ti­ons­an­wei­sung zu erstellen“, erläu­tert Roland Klee­mann, Präsi­di­al­mit­glied der Bundes­steu­er­be­ra­ter­kammer. „Sie regelt zum Beispiel, wer in der Firma scannen darf und welche Doku­mente elek­tro­nisch archi­viert werden sollen.“

Wichtig ist, Dateien nicht nur irgendwo auf der Fest­platte abzu­legen. Sie sollten getrennt in einem revi­si­ons­si­cheren System gespei­chert werden. Dort bleiben sie gemäß der Aufbe­wah­rungs­frist zehn Jahre und müssen – selbst falls sich die IT-Umge­bung ändert –
jeder­zeit auszu­werten sein. Was gescannt wurde, darf nicht kopiert werden. Jede Rech­nung ist einmal zu archi­vieren. Wird sie ausge­druckt und durch hand­schrift­liche Anmer­kungen ergänzt, etwa wenn der Mitar­beiter eine Rech­nung korri­giert, muss sie erneut gescannt werden. Der Prozess sollte nach dem Vier-Augen-Prinzip kontrol­liert werden. Deshalb sollten Dateien beim erset­zenden Scannen nur elek­tro­nisch weiter­ver­ar­beitet werden.

Revi­si­ons­si­cher archi­vieren

Stehen die Prozesse, ist das revi­si­ons­si­chere Archi­vieren mit DATEV-Lösungen leicht, falls in der Zusam­men­ar­beit mit dem Steuer­berater eine geeig­nete Soft­ware wie DMS classic pro oder eine für das Scannen explizit zerti­fi­zierte Lösung wie Unter­nehmen online genutzt wird und das DATEV-Rechen­zen­trum als Archiv dient. Dann kommen alle Vorteile der Digi­ta­li­sie­rung zum Tragen, vor allem die schnelle Suche nach Doku­menten und einfache Erle­di­gung von Zahlungen. Experte Michel ist über­zeugt: „Das erset­zende Scannen kommt aufgrund der Vorteile immer öfter zum Einsatz.“

Auch Bernd Anne­garn will mittel­fristig digital archi­vieren. Die Anne­garn GmbH in Münster ist auf Kälte-, Klima- sowie Geträn­ke­technik spezia­li­siert und hat vor allem gewerb­liche Kunden. Daher verschickt Anne­garn Rech­nungen fast nur noch elek­tro­nisch. Trotzdem hat er weiter einigen Aufwand mit Doku­menten, die Geschäfts­partner auf Papier senden: „Wir erhalten zahl­reiche Belege per Post.“ Im erset­zenden Scannen sieht er Chancen, spürt aber auch einen gewissen Zugzwang. Er weiß: „Dem werden wir uns im Zeit­alter der Digi­ta­li­sie­rung sicher nicht entziehen können.“

Abschied vom Papier

Die wich­tigsten Tipps für das erset­zende Scannen

Prozess: Arbeiten darf mit dem erset­zenden Scannen nur, wer orga­ni­sa­to­risch und tech­nisch alles richtig macht. Das muss mit dem Steuer­berater bespro­chen und vorbe­reitet werden. Er sorgt etwa für eine Verfah­rens­do­ku­men­ta­tion, die den Anfor­de­rungen der Finanz­be­hörden genügt.

Scan­ver­fahren: Es muss genau vorge­geben sein, wie der Prozess abzu­laufen hat. Beson­ders wichtig sind klare Verant­wor­tungs­be­reiche und Zustän­dig­keiten: Wer zeichnet die Rech­nung ab, wer scannt, wer kontrol­liert, wer archi­viert? Jede Ände­rung der Zustän­dig­keiten ist zu notieren.

Technik: Für das Finanzamt ist fest­zu­halten, welche Geräte zum Einsatz kommen. Die entspre­chende Hard- und Soft­ware muss laufend so aktua­li­siert bezie­hungs­weise funk­ti­ons­fähig gehalten werden, dass Doku­mente bis zum Ende ihrer Aufbe­wah­rungs­fristen jeder­zeit zu öffnen sind.

Über­prü­fung: Die Zahl der einge­scannten Belege muss jeden Tag aufge­zeichnet werden, die Prozess­schritte sind regel­mäßig in Stich­proben zu kontrol­lieren. Wichtig ist, dass Dritte aus Gründen des Daten­schutzes keinen Zugriff auf die elek­tro­ni­schen Doku­mente haben.

Archi­vie­rung: Unum­gäng­lich ist ein System mit getrenntem Pfad und eigenem Spei­cherort, das die revi­si­ons­si­chere Ablage der einge­scannten Doku­mente sicher­stellt. Ein einfa­ches Spei­chern der Dateien in einem Ordner auf der Fest­platte reicht keines­falls aus.

Ausnahmen: Nicht jedes Doku­ment darf gescannt und entsorgt werden. Urkunden, Eröff­nungs­bi­lanzen oder Abschlüsse etwa sind weiterhin im Original aufzu­be­wahren. Über die Details infor­miert der Steuer­berater.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: TRIALOG, Das Unter­neh­mer­ma­gazin Ihrer Berater und der DATEV, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg, Ausgabe 01/2016